Artikel 23.6.2025

Die Entwaldungs­­­­verordnung stellt nun auch die IT-Abteilung vor neue Herausforderungen.

Die kurz vor der Einführung stehende Entwaldungsverordnung der EU sorgt derzeit für viel Gesprächsstoff – insbesondere bei Industrie- und Handelsunternehmen sowie in der Maschinen- und Anlagenbranche. Die Nachhaltigkeitsinitiative wirkt sich breit auf Beschaffung und Lieferkettenprozesse aus und macht dabei auch Beiträge der IT-Abteilungen erforderlich, erklärt Miina Koponen-Eskola, Managementberaterin bei Gofore.

Die Entwaldungsverordnung ist ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der EU – und ihre Umsetzung wird in diesem Jahr viele Unternehmen vor erhebliche Aufgaben stellen. Ziel der Verordnung ist es sicherzustellen, dass Produkte, die in der EU konsumiert werden, nicht zur Abholzung oder Schädigung von Wäldern in den Herkunftsregionen beitragen. Gleichzeitig soll sie dem Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität entgegenwirken. Trotz der Relevanz der Ziele steht die Verordnung in der Kritik, weil die EU-Kommission bislang keine ausreichenden praxistauglichen Lösungen für den erforderlichen Datenaustausch bereitstellt.

Lieferkette vom Auftrag bis zur Auslieferung vor einem grundlegenden Wandel

Die Entwaldungsverordnung verpflichtet Unternehmen dazu, nachzuweisen, dass Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht oder aus der EU exportiert werden, bestimmten Anforderungen entsprechen – insbesondere, dass bei der Gewinnung der Rohstoffe die lokalen Gesetze und Arbeitsvorschriften eingehalten wurden.

– Konkret heißt das: Alle von der Verordnung erfassten Produkte, die in der EU produziert oder importiert werden, müssen im EU-System registriert werden. Jeder Verkauf muss erfasst werden – auch konzerninterne Transaktionen. Die Regelung betrifft damit nicht nur den Einkauf, sondern die gesamte Prozesskette von der Bestellung bis zur Auslieferung, einschließlich Vertrieb und IT-Systemen, erläutert Miina Koponen-Eskola.

Die Verordnung gilt für Unternehmen, die Rohstoffe wie Kakao, Kaffee, Kautschuk, Holzprodukte, Soja oder Palmöl einsetzen – also für eine Vielzahl von Branchen.

– Wenn man etwa ein Sofa als Beispiel nimmt: Die einzelnen Holzkomponenten stammen meist aus unterschiedlichen Regionen. Für jedes dieser Materialien muss nachgewiesen werden, dass seine Gewinnung keine Entwaldung verursacht hat, veranschaulicht Miina Koponen-Eskola.

Für viele Unternehmen rückt die Frist näher.

Sowohl große als auch mittelständische Unternehmen müssen bis Ende dieses Jahres vollständig den Anforderungen der Entwaldungsverordnung entsprechen – die Vorbereitungszeit ist also knapp. Kleine und Kleinstunternehmen haben dafür noch bis Mitte 2026 Zeit.

Der enge Zeitplan für die Umsetzung sorgt für erhebliche Bedenken, ob Unternehmen ausreichend vorbereitet sein werden – insbesondere, weil der Aufbau der nötigen IT-Infrastruktur zeitaufwendig ist. Die Einführung der Verordnung wurde bereits einmal verschoben, da ein zu schneller Start ernste Störungen in den Lieferketten befürchten ließ.

Nach Ablauf der Frist müssen Unternehmen über ein sogenanntes DD-System verfügen, das für Transaktionen zwischen Unternehmen genutzt wird und über das die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen durchgeführt werden. Produkte müssen dabei mit Codes versehen sein, die auf das jeweilige DDS (Due Diligence Statement) des verwendeten Rohstoffs verweisen. Die Vergabe dieser Codes erfolgt nicht in Echtzeit – Verzögerungen zwischen wenigen Minuten und mehreren Tagen sind möglich. Produkte, die ab 2026 in die EU eingeführt werden, dürfen ohne gültige DDS-Codes nicht mehr verkauft werden.

Faktisch bedeutet das: Alle regulierten Produkte, die in der EU hergestellt oder importiert werden, müssen im entsprechenden EU-System erfasst werden.

Die Vorbereitung erfordert individuelle Anpassungen.

Für die Verwaltung der DDS-Codes im Rahmen der Entwaldungsverordnung gibt es kein Standardmodell – die konkrete Umsetzung hängt stark davon ab, wie ein Unternehmen einkauft, wie es organisatorisch aufgebaut ist, wie seine Lieferkette funktioniert und ob es in die EU importiert, aus der EU exportiert oder beides tut.

Die Einhaltung der Verordnung muss fest in die Prozesse von der Bestellung bis zur Auslieferung integriert werden. Unternehmen müssen IT-Systeme aufbauen, die mindestens ein funktionierendes Lieferantenmanagement und eine Verwaltung der DDS-Codes beinhalten. Welche technischen Lösungswege möglich sind, hängt von der bestehenden Systemlandschaft ab. Übliche Varianten sind z. B. ERP-Systeme, ein angebundenes Echtzeit-Datenlager oder ein separates System zur Verwaltung der entsprechenden Daten. Besonders bei importierenden Unternehmen, die für die Nachverfolgbarkeit der Herkunftsdaten einzelner Produktchargen verantwortlich sind, kann die Verordnung den Aufbau komplett neuer IT-Systeme erforderlich machen.

Gofore hat sich intensiv mit den Anforderungen der Entwaldungsverordnung auseinandergesetzt und unterstützt Unternehmen bei der Vorbereitung. Für Handels- und Produktionsunternehmen bietet Gofore praxisnahe Konzepte zur Umsetzung an – von der Analyse der Rohstoffflüsse über den Verkauf der regulierten Produkte bis hin zur Auslieferung der DDS-Codes an Kunden. Gofore begleitet dabei den gesamten Umsetzungsprozess.

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DDS-Prozess in der Praxis

Die Entwaldungsverordnung verpflichtet Importeure in die EU nachzuweisen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung beitragen. Dieser Nachweis erfolgt, indem der Produktionsort der jeweiligen Charge im EU-System registriert wird – mit der Vorgabe, dass an diesem Ort keine Entwaldung stattgefunden haben darf. Nach dieser ersten Registrierung müssen alle weiteren Unternehmen entlang der Lieferkette – also Käufer, Produzenten und Händler – vor dem Weiterverkauf erneut einen DDS-Code beantragen. Dabei müssen sie die verwendeten Chargen angeben, auf die sich ihre Produkte stützen.

Beispiel:
Ein Unternehmen A kauft Sperrholz mit dem DDS-Code DDS1 sowie Holzbauteile mit den Codes DDS2 und DDS3. Aus diesen Komponenten fertigt das Unternehmen Holzstühle – ein Produkt, das unter die Regulierung fällt. Bevor die Stühle verkauft werden dürfen, muss A im EU-System einen neuen DDS-Code beantragen, in dem DDS1, DDS2 und DDS3 referenziert werden. Die Vergabe des neuen Codes erfolgt nicht in Echtzeit – es kann zu Verzögerungen kommen, und im ungünstigsten Fall verlangt die EU eine Sonderprüfung der Charge. Während dieser, die bis zu 72 Stunden dauern kann, darf das Produkt nicht verkauft werden.

Das Unternehmen muss diesen neuen DDS-Code an alle Kund:innen weitergeben, die Produkte erhalten, die aus denselben Rohstoffen oder aus identischen Herkunftsregionen stammen. Kommen die Rohstoffe eines Unternehmens dauerhaft aus denselben Quellen, kann laut Verordnung ein Jahres-DDS-Code beantragt werden – in der heutigen globalisierten Beschaffungspraxis dürfte das jedoch eher die Ausnahme sein.

Die größten Herausforderungen betreffen Unternehmen, die Produkte bisher nicht chargenbasiert nachverfolgen – weder beim Wareneingang noch in Produktion oder Lager. Für sie bedeutet die Umsetzung der Verordnung erhebliche prozessuale und systemische Anpassungen. Unternehmen, die bereits mit Chargen arbeiten und EDI-Nachrichten im Einkauf und Vertrieb nutzen, dürften die Anforderungen deutlich einfacher integrieren können.

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