Industrieunternehmen entwickeln jetzt ihre digitalen Serviceleistungen in hohem Tempo weiter. Ihr Ziel ist es, neue Geschäftsmöglichkeiten zu finden und den Mehrwert für ihre Kunden zu steigern. Der digitale Lebenszyklusansatz hilft Industrieunternehmen dabei, ihren Kunden einen erheblichen Mehrwert zu bieten und ihnen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Derzeit unterstützen die Dienstleistungen meist nur einzelne Phasen im digitalen Lebenszyklus eines Produktes, wie z. B. den After-Sales-Service oder die Wartung. In diesen Bereichen nutzen Unternehmen bereits mit Erfolg verschiedene Daten, aber wir sehen noch Verbesserungspotenzial u. a. darin, wie Daten die Produktentwicklung beschleunigen und verbessern können.
Zunächst einmal müssen digitale Zwillinge in alle Lösungen für digitale Serviceleistungen integriert werden können. Zweitens sollten Unternehmen in der Lage sein, in die Digitalisierung des gesamten Produktlebenszyklus zu investieren.
Digitales Lebenszyklusmanagement ist eine neue Denkweise, wie ein neues Geschäftsmodell für digitale Mehrwertdienste auf physischen Maschinen oder Geräten aufgebaut werden kann. Dies stellt die Voraussetzung für den Aufbau eines neuen Geschäfts und Wachstums auf der Grundlage der Digitalisierung dar. Die Erweiterung des auf physische Produkte konzentrierten Denkens hin zu dienstleistungsbasierten Einnahmen ist eine unabdingbare Grundvoraussetzung für jedes Unternehmen.
Digitale Zwillinge spielen im gesamten Lebenszyklusansatz eine zentrale Rolle. Sie helfen Unternehmen, bessere Geräte schneller, effizienter und umweltfreundlicher zu entwickeln. Gleichzeitig verändern und verbessern sie auch die Produktentwicklung, die Produktion, die Wartung – letztlich den gesamten Lebenszyklus.
Drei Perspektiven auf die Vorteile des Lebenszyklusansatzes bei digitalen Dienstleistungen
1. Daten
Daten über die Nutzung von Maschinen und Geräten lassen sich bereits jetzt leicht nutzen, zum Beispiel für Lösungen zur vorausschauenden Wartung. Das Erfassen und Analysieren von Daten mittels KI bietet Unternehmen Einblicke, auf deren Grundlage sie bereits relativ weitreichende Prognosen erstellen können. Auf diese Weise ist es möglich, den Zustand eines Geräts zu überwachen und z. B. den Ausfall einer bestimmten Baureihe oder eines bestimmten Teils zu erkennen, unerwartete Reparaturen zu vermeiden oder notwendige Wartungsarbeiten auf der Grundlage der tatsächlichen Situation vorherzusehen.
Wir haben jedoch festgestellt, dass solche Daten in der Produktentwicklung noch nicht hinreichend genutzt werden. Dabei wäre dies lohnenswert, denn die Daten können uns z. B. Aufschluss darüber geben, wie stark eine bestimmte Funktion genutzt wird, und dabei helfen, den Schwerpunkt der Produktentwicklungsanstrengungen zu bestimmen. Außerdem wird die Qualität des in der Entwicklung befindlichen Produkts durch die Bereitstellung funktionsspezifischer Produktinformationen verbessert.
Wir sind überzeugt, dass sich Pionierunternehmen durch die Analyse der während des gesamten Produktlebenszyklus gesammelten Daten von der Konkurrenz abheben können. Diese liefert wertvolle Informationen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung.
Digitale Zwillinge können vor allem dort nützlich sein, wo herkömmliche Analyse- und Optimierungsmethoden nicht ausreichen. Der Informationsfluss zwischen einem echten digitalen Zwilling und einer physischen Maschine ist für die Wertschöpfung bei der Verwaltung des Maschinenparks vor Ort von wesentlicher Bedeutung.
Digitale Zwillinge helfen Unternehmen auch dabei, ihren ökologischen Fußabdruck zu überwachen, zu analysieren und zu reduzieren. So werden Unternehmen beispielsweise in die Lage versetzt, Umweltstandards einzuhalten, die Umweltauswirkungen ihrer Produktion zu überwachen, Emissionen zu minimieren und Abfälle zu reduzieren sowie die Auswirkungen neuer Vorschriften zu simulieren.
Am Ende des digitalen Lebenszyklus unterstützen die Daten das Recycling und die Wiederverwendung der Produkte, was wiederum zu nachhaltigen Geschäftsmodellen führt.
2. Schulung
Die Schulung des Personals und die Entwicklung seiner Kompetenzen sind für die Industrieunternehmen von heute von entscheidender Bedeutung. Durch die Implementierung und Simulierung von Schulungen mit digitalen Zwillingen können Unternehmen einen reibungsloseren, sichereren und messbaren Weg schaffen, um etwas über Fertigung, Wartung und neue Technologien zu lernen.
Der Maschinenbetrieb kann mit einem digitalen Zwilling überwacht und analysiert werden. Wenn das Wartungspersonal ein Problem entdeckt, hilft ihm der digitale Zwilling, die erforderlichen Maßnahmen durchzugehen. Dies resultiert in weniger Servicebesuchen und einer höheren Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen ersten Reparatur.
In Ausbildungsbetrieben können künstliche Intelligenz und digitale Schulungen dazu beitragen, Produktivitätsunterschiede zu verringern. Digitales Lernen ermöglicht das Lernen überall und zu jeder Zeit, was die Effizienz der Schulung und die Lernergebnisse verbessert.
Ein weiterer großer Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass Mitarbeitende in verschiedenen Rollen und Funktionen innerhalb des Unternehmens gleichzeitig an der Entwicklung eines Produkts arbeiten können. Die Änderungen werden in Echtzeit in einem Modell angezeigt, das jedem Konstrukteur und Auszubildenden zur Verfügung steht.
3. Verkauf von Serviceleistungen
Beim Aufbau von Serviceleistungen helfen Nutzungsdaten dabei, die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen, das Serviceangebot darauf abzustimmen und die Kundenkontakte gezielter zu gestalten. Auf diese Weise können die Investitionen in die Produktentwicklung auf die am häufigsten verwendeten Funktionen mit der größten Wertschöpfung ausgerichtet werden.
Caterpillar hat beispielsweise von seiner neuen Baggergeneration digitale Zwillinge erstellt, um deren Leistung zu verbessern. Virtuelle Simulationen visualisieren den Luftstrom und die Temperatur in den Kühlern der Maschine, während die Lüfterdrehzahlen variiert werden, um die Leistung in verschiedenen Anwendungsbereichen zu simulieren. Der digitale Zwilling optimiert die Kühlung der Maschine und überwacht die Leistung während des gesamten Lebenszyklus der Maschine bei gleichzeitiger Optimierung des Energieverbrauchs.
Nutzungsdaten können zur Personalisierung von Serviceleistungen genutzt werden. Dies schafft neue Geschäftsmöglichkeiten, die den Bedürfnissen der Kunden noch besser entsprechen. Darüber hinaus können die Daten auch für Dritte wertvoll sein. Beispielsweise können Komponentenhersteller von den vom Maschinenhersteller gesammelten Daten profitieren oder bei Leasingmaschinen Rabatte gewähren, wenn diese so gut wie möglich betrieben werden.
Industrieunternehmen haben jetzt die einzigartige Gelegenheit, den nächsten Schritt in Richtung einer digitalen Zukunft zu machen – und diese nachhaltiger und kundenorientierter zu gestalten.