Herkömmlicherweise waren die Informationstechnologie (IT) und die operative Technologie (OT) bislang getrennte Bereiche mit eigenen Zuständigkeiten und Technologien. Die IT/OT-Konvergenz ist ein Phänomen in der intelligenten Industrie, die IT- und OT-Domänen zusammenzuführen, indem die althergebrachte Grenze zwischen IT- und Fertigungstechnologien aufgelöst wird. Damit wird es Unternehmen ermöglicht, Technologie effektiver zu nutzen, die betriebliche Effizienz zu steigern, Innovationen zu ermöglichen und im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig zu bleiben.
IT und OT – Verschmelzung zweier Welten
Bislang sorgte die IT-Abteilung für die Bereitstellung der IT-Infrastruktur und fokussierte sich auf Daten, IT-Systeme sowie Software, während der OT-Bereich für die Verwaltung und Kontrolle physischer Prozesse und Geräte verantwortlich war. Nicht selten hat die IT mit den Fertigungsabläufen und -prozessen nichts zu tun. In der Regel haben die beiden Bereiche keine gemeinsamen Ziele und KPIs.
Darüber hinaus ist die Kultur zwischen IT- und OT-Umgebungen sehr unterschiedlich. Die Teams haben nur sehr wenig Erfahrung in der Zusammenarbeit und sind sich des verfügbaren Fachwissens nicht bewusst.
Dies bedingt unter Umständen mangelnde Sichtbarkeit, sich überschneidende Prozesse und Abläufe, und vor allem Ineffizienzen und ungenutzte Potentiale hinsichtlich Innovation und Verbesserung. Mit zunehmender Komplexität der IT/OT-Systemlandschaft steigen Risiken, Datenflüsse werden nicht abgesichert und es entstehen Schattenprozesse. Wie McKinsey betont, haben die beiden Umgebungen völlig verschiedene Architekturen und Protokolle, da sie sich auf die Lösung unterschiedlicher Herausforderungen konzentriert haben.
Die moderne IT-Kultur ist flexibel und dynamisch und begrüßt schnelle Veränderungen, Innovationen und die Anpassung an die neuesten Technologien. Die Kultur in OT ist da eher auf Zuverlässigkeit, Sicherheit und Effizienz ausgerichtet. Änderungen werden vorsichtiger umgesetzt, und das Hauptziel besteht darin, einen reibungslosen, effizienten und sicheren Betrieb physikalischer Prozesse zu gewährleisten.
Was bringt Unternehmen die IT/OT-Konvergenz?
Für Industrieunternehmen ist die IT/OT-Konvergenz eigentlich unumgänglich, wenn man die gestiegenen Anforderungen an Effizienz, Automatisierung und Sicherheit sowie die unvermeidliche Modernisierung von Systemen bedenkt. Die traditionelle Industrie muss ihre End-to-End-Prozesse modernisieren, digitalisieren und überdenken, um wettbewerbsfähig und kosteneffizient zu bleiben.
- Effizienz: Durch die Verknüpfung von IT-Technologien (wie Datenanalyse, Cloud-Computing und Cybersicherheit) mit OT-Systemen (wie industriellen Steuerungssystemen und Fertigungsanlagen) können Unternehmen Aufgaben automatisieren, manuelle Eingriffe reduzieren und Abläufe optimieren.
- Kostensenkung: Mit konvergenten Systemen können Unternehmen ihre Ressourcen besser verwalten, Wartungsbedarfe vorhersagen und datengesteuerte Entscheidungen zur Ausgabenoptimierung treffen.
- Erweiterte Informationsgrundlage: Da die identifizierten zentralen Datenströme von den operativen Umgebungen zur Unternehmensleitung führen, ist eine datengesteuerte Entscheidungsfindung und Führung besser möglich.
- Innovation und Agilität: Die IT/OT-Konvergenz erleichtert Innovationen und schafft vor allem eine skalierbare Grundlage. Dies ermöglicht die Entwicklung neuer Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle. Durch die Nutzung von Technologien wie IoT (Internet der Dinge), KI (künstliche Intelligenz) und fortschrittliche Analysen können Unternehmen vernetzte, intelligente Systeme schaffen, die sich an fluktuierende Marktanforderungen anpassen und den Kunden einen größeren Mehrwert bieten.
- Sicherheit: Durch die Implementierung integrierter Sicherheitsmaßnahmen in beiden Bereichen können Unternehmen kritische Vermögenswerte besser schützen, Bedrohungen effektiver erkennen und darauf reagieren, und die Einhaltung regulatorischer Anforderungen sicherstellen.
- Wettbewerbsvorteil: Unternehmen können sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie die betriebliche Effizienz verbessern, Innovationen beschleunigen und ihren Kunden erstklassige Produkte und Dienstleistungen anbieten.
Insgesamt ist die IT/OT-Konvergenz für jedes Unternehmen unerlässlich, das in der heutigen zunehmend digitalen und vernetzten Geschäftslandschaft wettbewerbsfähig bleiben, Effizienz steigern und innovativ sein möchte.
Es zeigt sich, dass von dieser Transformation sowohl Menschen als auch Prozesse und Technologie betroffen sind, und insofern Veränderungen auch auf der menschlichen Seite stattfinden müssen. Ferner ist es von entscheidender Bedeutung, dass die IT/OT-Konvergenz von der obersten Leitung der Organisation verstanden und unterstützt wird und dass es eine Strategie gibt, um die Chancen wahrzunehmen. Wirkungsvolle Entwicklung wird von den betrieblichen Erfordernissen angetrieben.
Die technische Seite des Wandels
Zu den Zielen, die angestrebt werden sollen, gehören eine einfache Architektur, die Datenströme von Schlüsseldaten und Sicherheit. Eine Entwicklungs-Roadmap wird den Umstieg leiten, für den die IT/OT-Vision und die Geschäftsziele sowie eine Analyse des aktuellen Zustands herangezogen wird.
Mit Edge Computing zur Lösung von Latenz- und Bandbreitenproblemen in OT-Umgebungen werden Edge-Computing-Funktionen in Cloud-Lösungen integriert. Dadurch kann die Datenverarbeitung näher an der Datenquelle erfolgen, was einen zeitnahen und effizienten Betriebsablauf gewährleistet. Um maßgeschneiderte Innovationen ganz in der Hand von Unternehmen zu ermöglichen, ist eine solide organisationsübergreifende Grundlage erforderlich, um für Skalierbarkeit, Interoperabilität und Sicherheit zu sorgen. Das Governance-Modell der verschiedenen Systeme sowie die Datenhoheit müssen dabei unbedingt berücksichtigt werden.
Die menschliche Seite des Wandels
Unterschiedliche Arten von Operationen, Reifegrade und Bereitschaft für die digitale Transformation können Widerstand gegen Veränderungen hervorrufen und Misstrauen schaffen, es sei denn, der menschliche Aspekt der Veränderung wird anerkannt und einkalkuliert. Unterschiede in etablierten Methoden können Erwartungslücken entstehen lassen und die Bereitschaft zur Übernahme neuer Ansätze und Systeme beeinträchtigen.
Darüber hinaus vertrauen IT und OT möglicherweise nicht auf Fachwissen oder Absichten des anderen, was zu Argwohn und Skepsis gegenüber der Vorteile und Risiken der Konvergenz führen kann.
Es ist von grundlegender Bedeutung, von Anfang an die Gründe in den Vordergrund zu stellen. Die jeweiligen Leitungen von IT- und OT-Seite müssen eine gemeinsame Vision der gewünschten Ergebnisse und Vorteile schaffen und teilen. Sie sind die Boten, die den Wandel während der gesamten Konvergenz begleiten müssen. Indem man die Stakeholder sowohl von der IT- als auch von der OT-Seite einbezieht, um einen gemeinsamen Plan zu erstellen, ist es möglich, den Wandel in Gang zu bringen. Es muss verstanden werden, was sich ändern muss und was von den verschiedenen Einheiten, Teams und Rollen benötigt wird und schließlich, wie die neuen Denk- und Verhaltensweisen aussehen müssen, um den geschäftlichen Vorteile der IT- und OT-Integration zu nutzen.