Blog 11.12.2025

Multi-Cloud-Strategien: Kostentreiber oder Wettbewerbsvorteil? 

Immer mehr Organisationen setzen auf Multi-Cloud-Strategien – also auf die parallele Nutzung mehrerer Cloud-Provider. Was zunächst nach zusätzlicher Komplexität klingt, kann auch Chancen für Flexibilität, Sicherheit und digitale Souveränität eröffnen. 

Von On-Premises zur Multi-Cloud: Eine logische Entwicklung 

Die Reise vieler Unternehmen begann mit eigenen Serverräumen, ging über ausgelagerte Rechenzentren und führte schließlich in die Cloud. Angetrieben wurde dieser Wandel zunächst durch Kostenvorteile. Heute stehen jedoch andere Faktoren im Vordergrund: Geschwindigkeit, Skalierbarkeit, regulatorische Anforderungen und Innovationsfähigkeit. 

Während einzelne Hyperscaler wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud den Markt dominieren, wollen sich Unternehmen zunehmend nicht mehr von einem Anbieter, unter anderem auch von amerikanischen Anbietern, abhängig machen. Hinzu kommen geopolitische und datenschutzrechtliche Überlegungen, insbesondere in Europa spielt Daten- und Providersouveränität eine immer größere Rolle. Der Wechsel zwischen Clouds oder der parallele Betrieb über mehrere Anbieter hinweg wird damit zum strategischen Instrument. 

Was Multi-Cloud bedeutet – und was nicht 

Multi-Cloud ist nicht gleich Hybrid-Cloud. Während hybride Architekturen lokale Infrastrukturen (On-Premises) mit einer Cloud verbinden, kombiniert Multi-Cloud mehrere Public-Cloud-Umgebungen. Unternehmen nutzen dabei jeweils die Stärken einzelner Anbieter – etwa für Machine Learning, Datenanalyse oder IoT. 

Containerisierung ermöglicht diese Flexibilität: Anwendungen laufen in standardisierten Umgebungen und können über Kubernetes-Cluster wie OpenShift orchestriert werden. Workloads lassen sich damit grundsätzlich zwischen Clouds verschieben, ohne sie neu zu entwickeln. In der Praxis geschieht das jedoch selten parallel, da der Aufwand meist den Nutzen übersteigt. Ein Wechsel lohnt sich vor allem bei gravierenden Nachteilen – etwa starken Preissteigerungen – und sollte gut abgewogen werden, da die Migration einzelner Services schnell weitere Ressourcen beanspruchen kann.  

Vorteile: Flexibilität, Souveränität und Risikoausgleich 

Der offensichtlichste Vorteil liegt in der Vermeidung von Vendor Lock-in. Wer auf mehrere Clouds setzt, kann Dienste und Workloads dort betreiben, wo sie fachlich, technisch oder regulatorisch am besten aufgehoben sind. So lassen sich KI-Modelle beispielsweise in der Google Cloud trainieren, während Compliance-kritische Daten in einer europäischen Azure-Region verbleiben. 

Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht bietet Multi-Cloud neue Spielräume: Unternehmen können den Wettbewerb zwischen Anbietern gezielt nutzen, um Kosten zu optimieren oder bessere Konditionen zu erzielen. Allerdings kann bei aufgeteilten Workloads auch der gegenteilige Effekt eintreten, wenn dadurch Mindestabnahmemengen und damit verbundene Preisvorteile entfallen.  

Nicht zuletzt ermöglicht Multi-Cloud mehr Daten- und Providersouveränität: Die Möglichkeit, Workloads auf europäische Infrastrukturanbieter zu verlagern, stärkt die Kontrolle über sensible Informationen und reduziert geopolitische Abhängigkeiten – ein Aspekt, der spätestens seit der Diskussion um den CLOUD Act und Projekte wie Gaia-X an Bedeutung gewonnen hat. 

Herausforderungen: Governance, Komplexität und Kostentransparenz 
 

Wo viele Vorteile locken, lauern auch Fallstricke. Der wohl größte ist die Komplexität: Jede Cloud bringt eigene Management-Konzepte, APIs und Sicherheitsrichtlinien mit. Ohne klare Governance-Strukturen drohen Wildwuchs und unkontrollierte Kosten. 

Hier kommen FinOps-Modelle ins Spiel, eine Kombination aus Finanz- und Betriebssteuerung für die Cloud. Durch Tagging-Strategien, automatisierte Kostenberichte und Budget-Forecasts behalten Unternehmen den Überblick über alle Umgebungen hinweg – idealerweise unterstützt durch ein providerunabhängiges FinOps-Tool. 

Auch das Identitäts- und Zugriffsmanagement (IAM) erfordert besondere Aufmerksamkeit. Nur mit zentralen Richtlinien und automatisiertem On- und Offboarding lassen sich Sicherheitsrisiken minimieren. Ein weiteres zentrales Element ist das Monitoring: Eine einheitliche „Single Pane of Glass“-Sicht über alle Clouds hinweg ist Voraussetzung, um Performance, Kosten und Compliance in Echtzeit zu überwachen. 

Erfolgsfaktoren: Automatisierung, Kompetenzen und klare Prozesse 

Eine erfolgreiche Multi-Cloud-Strategie steht und fällt mit Automatisierung. Infrastructure as Code (IaC), standardisierte CI/CD-Pipelines und plattformübergreifende Governance-Tools bilden das Fundament. Technologien wie Kubernetes oder Service Mesh-Lösungen (z. B. Istio) schaffen die notwendige Harmonisierungsschicht, um Container-basierte Anwendungen sicher und kosteneffizient zwischen Clouds zu verschieben.

Genauso entscheidend ist der Aufbau interner Expertise: Teams müssen sowohl die Eigenheiten einzelner Provider verstehen als auch das Zusammenspiel der Systeme. Einige Organisationen etablieren dafür ein Cloud Centre of Excellence (CoE), das Best Practices, Sicherheitsstandards und Kostenrichtlinien definiert. 

Die Erfahrung zeigt: Multi-Cloud erfordert mehr Vorarbeit, zahlt sich aber langfristig aus.

Wer seine Architekturen, Deployment-Templates und Governance sauber aufsetzt, gewinnt Transparenz, Flexibilität und Handlungsspielraum. 

Praxisbeispiel: Cloud-Modernisierung in einem internationalen Technologieunternehmen 

Wie sich diese Prinzipien umsetzen lassen, zeigt das Beispiel eines global tätigen Anbieters von Zutritts- und Parkraummanagementsystemen. Gemeinsam mit Gofore wurde eine skalierbare, hybride Cloud-Infrastruktur aufgebaut, die sowohl AWS als auch Azure nutzt. 
Durch den gezielten Einsatz von Container-Orchestrierung, automatisierten Deployment-Prozessen und zentralem Kosten-Monitoring entstand eine stabile Plattform für weltweite Services – mit höherer Ausfallsicherheit, besserer Skalierbarkeit und klarer Trennung zwischen Entwicklungs-, Test- und Produktionsumgebungen. Das Projekt verdeutlicht, wie Multi-Cloud-Architekturen konkret zu betrieblicher Effizienz und globaler Resilienz beitragen können. 

Ausblick: Mehr Automatisierung, KI und europäische Alternativen 

Die Zukunft der Multi-Cloud ist stark von Automatisierung und KI-gestütztem Cloud-Management geprägt. Machine-Learning-Modelle prognostizieren künftig Lastspitzen, steuern Auto-Scaling-Mechanismen oder erkennen Sicherheitsanomalien in Echtzeit. Parallel wächst der Druck, europäische Cloud-Alternativen zu etablieren, die Datenschutz, Transparenz und Nachhaltigkeit stärker betonen. 

Damit bleibt Multi-Cloud ein Balanceakt zwischen Freiheit und Komplexität. Richtig umgesetzt, wird sie jedoch zum strategischen Enabler: weg vom reinen Kostentreiber – hin zum Wettbewerbsvorteil durch digitale Souveränität, Flexibilität und Innovationskraft. 


Der Wandel hin zur Multi-Cloud zeigt, wie wichtig robuste Architekturen, klare Governance und souveräne Betriebsmodelle geworden sind. Wer diesen Schritt strategisch angeht, schafft die Grundlage für mehr Resilienz, Flexibilität und Innovationskraft.

Unser Cloud-Service unterstützt genau dabei:

Rainer Burgstaller

Service Area Lead

Rainer begeistert sich für alles, was die Produktivität in der Softwareentwicklung steigert – stets mit dem Anspruch, das passende Tool für jede Aufgabe zu finden. Entsprechend breit ist sein technologisches Spektrum: Heute arbeitet er überwiegend im Node-, TypeScript- und JavaScript-Ökosystem, im Frontend wie im Backend, und probiert neue Tools in diesem Umfeld meist früh aus.Gleichzeitig ist er weiterhin versiert in Spring, Java, Kotlin und Hibernate und hält dieses Wissen kontinuierlich frisch. Neben der Entwicklung coacht er Kolleg:innen, schreibt Fachbeiträge und verantwortet die DevOps- und Software-Engineering-Communities of Practice.Und wenn er einmal nicht in Projekten oder Communities aktiv ist, findet man ihn auf den windigen Seen Österreichs beim Kitesurfen.

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